Elektronikprojekte
RIAA Vorverstärker mit Neumann-Konstante
- RIAA Entzerrung plus zusätzlicher Neumann Entzerrung
- Aufbau auf Streifenraster Platinen
- Durch geringe Baugröße in (fast) jeden Plattenspieler integrierbar
- Materialkosten ca. 10 EUR (ohne Gehäuse)
Trotz CD und MP3 ist die Schallplatte nicht „totzukriegen“ - jedenfalls bei mir nicht.
Da die heutigen Anlagen in der Regel keinen Phono-Eingang besitzen und die alten Plattenspieler keinen Vorverstärker
haben, muss so ein Teil entweder gekauft oder eben selbst gebaut werden. Ich habe mich für den Selbstbau entschieden
und den Vorverstärker auf Grund der geringen Größe und um zusätzlichen Kabelsalat zu vermeiden, direkt in den
Plattenspieler eingebaut.
Beschreibung der Schaltung
Das Signal vom
Tonabnehmer gelangt über
R8 als Schutzwiderstand
direkt, ohne
Koppelkondensator in den
nichtinvertierenden Eingang
von IC1. R7 dient der
definierten Belastung des
Magnetsystems und der
gleichspannungsmäßigen
Kopplung von IC1.
Der Kondensator C* ist
optional. Elektromagnetische
Abnehmer (MM => Moving
Magnet) benötigen eine
Abschlusskapazität, die in der
Regel durch die Kapazität
des Anschlusskabels
abgedeckt ist, d.h. wird der
Vorverstärker separat
aufgebaut und das Original
Anschlusskabel verwendet,
kann C* entfallen. Wird der Vorverstärker direkt in den Plattenspieler eingebaut, wird man ein kurzes Verbindungskabel mit
geringerer Kapazität verwenden. Der Differenzwert sollte für C* verwendet werden. In meinem Fall beträgt die Kapazität
des Originalkabels 120pF und die Kapazität des neuen Verbindungskabels 80pF. Die Differenz ist durch einen
Kondensator C* von 39pF ausgeglichen.
Die untere Grenzfrequenz wird durch R1 und C1 bestimmt und liegt mit den angegebenen Werten bei 4Hz. Der
Vorverstärker besitzt keinen Rumpelfilter. Wer Probleme mit Rumpeln hat, sollte C1 reduzieren, z.B. ergibt sich bei 10µF
eine untere Grenzfrequenz von 18Hz, bei 4,7µF 37Hz.
Bei tiefen Frequenzen bis zur ersten Eckfrequenz von 50Hz wird die Verstärkung in IC1 durch das Verhältnis von
R1+R2+R3 zu R1 bestimmt. Danach wird die Verstärkung gemäß RIAA Vorgaben abgesenkt. Für die Eckfrequenzen von
50Hz, 500Hz und 2120Hz sind nachfolgend die maßgeblichen RC Glieder angegeben:
Eckfrequenz RC-Glied
50Hz
R2/C2
500Hz
R3/C2
2120Hz
R3/C3
Zu der RIAA Entzerrung ergibt sich auf Grund der
Verstärkerbeschaltung von IC1 eine zusätzliche Eckfrequenz (bei
gegebenen Werten von R2/C2 und R3/C3 im wesentlichen
abhängig von R1), das heißt, die Verstärkung wird nicht weiter
abgesenkt, sondern geht in eine Waagerechte mit der Verstärkung
von 1 über. In dem gezeigten Beispiel ergibt sich eine gute
Anpassung an den Wert der Neumann Konstante von 50kHz. Die
Neumann Konstante hat einen rein technischen Hintergrund. Da
nach RIAA Vorgabe die Amplitude oberhalb von 2120 Hz immer weiter absinkt, müsste beim Schneiden der Platte die
Amplitude demzufolge immer weiter ansteigen, da die Schneidkennlinie das Spiegelbild der RIAA Kurve ist. Dieses ist
technisch nicht möglich und so wurde der weitere Anstieg der Schneideamplitude bei 50kHz durch den führenden
Schneidemaschinenhersteller Neumann begrenzt. Als weiterer
Vorteil der Neumann Konstante ist eine Reduzierung der
Phasenverschiebung oberhalb von ca. 7kHz zu nennen.
Über IC2 wird das Tonsignal auf den erforderlichen Pegel für den
nachfolgenden Verstärker angehoben. Bei der angegebenen
Dimensionierung beträgt die Verstärkung in IC2 ca. 4,3 und die
Gesamtverstärkung von IC1+2 bei 1kHz ca. 100. Bei einem
Eingangspegel von 5mVeff ergibt sich somit ein Ausgangspegel
von ca. 500mVeff. Bei Bedarf kann die Gesamtverstärkung durch
Vergrößerung von R5 weiter erhöht werden. Ein Test mit 375-
facher Verstärkung zeigte immer noch gute Ergebnisse. Der
gezeigte Frequenz- und Phasengang wurde durch Ausmessen am
Oszilloskop ermittelt, dadurch zeigt speziell der Phasengang etwas größere Abweichungen zur Theorie.
Wer Widerstände oder Kondensatoren noch modifizieren möchte findet hier eine Excel-Datei mit der sich das einfach
simulieren lässt: RIAA_Vorverstärker.xls
Für alle Widerstände sollten Metallfilmwiderstände mit 1% Toleranz und für die frequenzbestimmenden Kondensatoren C2
und C3 Folienkondensatoren mit geringen Toleranzen verwendet werden. Bei Verwendung von Kondensatoren mit
höheren Toleranzen empfiehlt es sich die doppelte oder drei-fache Menge zu beschaffen und die Kondensatoren zu
selektieren, die am dichtesten am Sollwert liegen. Für IC 1+2 wurden die rauscharmen NE5532 gewählt.
Wie bei allen guten Verstärkerschaltungen kommt auch hier eine symmetrische Versorgungsspannung von
+/-5V bis +/-10V zum Einsatz. Eine Stabilisierung der Versorgungsspannung ist nicht erforderlich, jedoch sollten die
Siebkondensatoren (C8, C9) großzügig dimensioniert sein. Die 100nF Kondensatoren (C6, C7) dienen der Blockung von
HF-Einstreuungen.
Aufbau der Elektronik
Der Aufbau der Elektronik erfolgt auf einer Streifenrasterplatine (siehe auch Sonstiges => Streifenrasterplatinen). Die
gezeigte Platine ist für den Einbau in einen Technics SL-J110R ausgelegt, die Anpassung an andere Plattenspieler sollte
aber kein großes Problem darstellen.
Da in dem Plattenspieler keine symmetrische
Versorgungsspannung vorhanden ist und das vorhandene Netzteil
zusätzlich ziemlich schwach ausgelegt ist, wurde für den
Vorverstärker ein eigener Trafo mit 2x6V~,0,35VA eingebaut, der
so klein ist, das er fast überall untergebracht werden kann. Ich
habe ihn oberhalb des vorhandenen Trafos auf einer eigenen
Platine eingebaut. Wichtig ist, das Vorverstärker und
Trafos/Netzleitungen so weit wie möglich voneinander entfernt
eingebaut sind, um Netzbrummen zu vermeiden, ggf. kann der
Vorverstärker in einem eigenen kleinen Alu-Gehäuse, das mit
Masse verbunden ist, eingebaut werden.
Ich habe die Anschlüsse für die Spannungsversorgung sowie den
Signal Ein- und Ausgang als Steckverbindungen ausgeführt, das
vereinfacht den Ein-/Ausbau solange man noch in der Entwicklungsphase ist. Die Steckverbindungen bestehen jeweils aus
einer 3-Poligen Stiftleiste und einer entsprechenden Buchsenleiste. Man kann die Anschlusskabel aber auch direkt an der
Position der Steckverbindung einlöten.
Hier findet sich noch die Stückliste: RIAA_Vorverstärker_Stückliste.pdf
22.07.2014
Seite erstellt
21.12.2017
Ergänzung C* und Fehler in Berechnungsdatei RIAA_Vorverstärker.xls korrigiert.
RIAA Vorverstärker mit Neumann-Konstante